Eine Moderationstechnik für die Scrum Retrospektive

Dieser Artikel beschreibt eine Moderationstechnik für die Retrospektive am Ende eines Sprints. Es gibt sicherlich viele verschieden Methoden und Techniken zum Thema. Wie die Menschheit selbst, ist auch jedes Team anders und nur schwierig in ein Schema zu pressen. In diesem Artikel gebe ich lediglich die Anleitung für einen Roten Faden der helfen soll das Scrum Team durch die Retrospektive zu führen.

Die Retrospektive ist, wie jedes Scrum Meeting, in der Dauer begrenzt. In der Literatur findet man oft den Hinweis, dass eine Retrospektive nicht mehr wie 3% der gesamt Sprintzeit überschreiten sollte. Bei einem 3 Wochen Sprint bedeutet es dann 3% von 15 Tagen = 0,45. Die 0,45 auf Tagen bedeutet dass man von einem 8 Stunden Arbeitstag etwa 3,6 Stunden dafür aufwenden sollte. Zusammengefasst sollte man sich einfach zwischen 2 – 3 Stunden für die Retrospektive zeit nehmen. Das Meeting findet immer am Ende jedes Sprints statt, d.h. der ideale Zeitpunkt ist nach einer Review. Somit kann man das gesamte Feedback und alle Ergebnisse mit in die Retrospektive nehmen und im Scrum Team besprechen.

Als Vorbereitung aus die Retrospektive sollte jeder Scrum Master sich gut rüsten. Für die Moderationstechnik werden (Stopp)-Uhr, Pappkarten, Stifte, Markierungspunkt, Flippchart und das Taskboard benötigt. Ich persönlich organisiere gerne zusätzlich noch etwas Sozialen Katalysator und stelle ein paar Süssigkeiten und Getränke dem Scrum Team zur Verfügung.

Zum Beginn jeder Retrospektive muss man als Scrum Master eine kleine Einleitung sprechen und das Scrum Team darauf vorzubereiten was jetzt passiert und was das eigentliche Ziel des Meetings ist. Das Ziel jeder Retrospektive sollte sein, die Probleme des Scrum Teams zu erkennen und dem Team klar vor Augen zu führen. Man muss das Scrum Team darauf vorbereiten über die Positiven und Negativen Aspekte des Sprints frei von Beschuldigung und Repression zu sprechen, um so viel wie möglich Transparenz zwischen den Team Mitgliederns zu schaffen. Man sollte die Stimmung des Meetings trotz allem lockern gestalten und wie immer hilft da ein kleiner Witz sicherlich weiter um die Atmosphäre angenehm zu gestalten. Ich nehme gerne die folgende kleine Agenda und spreche die geplanten Aktivitäten der einzelnen Punkte kurz an:

  1. Einleitung und Agenda (ca. 10 Min)
  2. Themensammlung (ca. 15 Min)
  3. Vorstellung (ca. 60 Min)
  4. Pause (ca. 15 Min)
  5. Gewichtung (ca. 5 Min)
  6. Diskussion (ca. 60 Min)
  7. Impediments Backlog (ca. 15 Min)
  8. Schlusswort (ca. 15 Min)

Für die Themensammlung werden 10 Karten (5 grüne und 5 rote) und einen Stift an jeden Teilnehmer ausgeteilt. Die Aufgabe für jedes Team Mitglied ist, mindestens 5 positive und 5 negative Aspekte des Sprints aufzuschreiben. Gerne kann auch mehr geschrieben werden. Man darf an dieser Stelle keine Blockade errichten sondern, dem Engagement jedes Teilnehmers freien Lauf lassen. Keine Angst dass zu viele Karten auf den Tisch kommen. Bei der Gewichtung entscheidet später die Gruppe selbst über welche Themen im einzelnen gesprochen werden und über welche nicht. Meistens schreiben in diesem Moment die Teilnehmer ruhig und sprechen wenig. Als Scrum Master sollte man darauf achten, dass es die Ruhe weitgehend eingehalten wird und man muss das Team zeitlich im Auge behalten. D.h. ich erinnere das Team daran, wenn noch 5 Minuten zeit bleiben um die Karten fertig zu stellen. Wenn die Zeit abgelaufen ist, gebe ich meisten noch mal die Hinweis, dass es nicht schlimm ist, wenn nicht alle Karten beschrieben wurde und beginne mit meinen eigenen Karten die Vorstellung.

In der Vorstellung erklärt jedes Team Mitglied kurz was er auf die Karten geschriebene hat und die Karten werden auf das Flipchart angebracht. Um die Dynamik der Gruppe in Schwung zu bringen, stelle ich gerne Fragen zu den einzelnen Karten. Damit unterstützt man die Transparenz und das Verständnis der Subjektiv dargestellten Aspekte. Nicht jeder Teilnehmer in Meetings traut sich etwas zu fragen, weil man es nicht verstanden hat. Mit dieser Technik minimiere ich die Gefahr, dass ein Team Mitglied bei einem Thema außen vor bleibt und evtl. einfach gedanklich abschaltet. Für eine bessere Visualisierung der einzelnen Themenkomplexe, gruppiere ich gerne die Karten am Flipchart nach ihrem Themengebieten. Klar, haben manche Team Mitglieder die gleichen Probleme oder Probleme in gleichen Themengebiete. Um doppelte oder artverwandte Karten visuell zu eliminieren, hängt man die ähnlichen Karten zu Themenwolken zusammen. Das mache ich gerne zwischen zwei Rednern. Es passiert immer, dass ich das nur ein zwei mal wirklich selbst tun muss, im Regelfall nimmt die Gruppe dieses Ordnungssystem an und hängt die Karten automatisch an die passende Stelle. Wenn alle Team Mitglieder ihre Karten erläutert und an das Flippchart gehängt haben, ist es zeit für eine kleine Pause. Die Pause ist nicht nur für den obligatorischen Toilettengang gedacht, sondern die Teilnehmer sollen auch ein paar Minuten erhalten in dem sie über das gerade aufgenommene Wissen nachdenken können. In vielen Fällen kommen Kollegen aus der Pause zurück und haben sich bilateral über einzelne Themen bereits ausgetauscht.

Nach der Pause muss der Scrum Master wieder eine kleine Einstimmung sprechen und dem Team erklären wie die Diskussionsthemen priorisiert werden. Hierfür werden im nächsten Schritt werden die vielen Themen am Flippchart durch das Team gewichtet. Hierfür erhält jeder Teilnehmer 5 Aufkleber in blauer Farbe. Jeder Teilnehmer darf nun mit dem Punkten zu den gruppierten Karten gehen und auf die Karten, über die diskutiert werden sollen, einen oder mehrere Aufkleber kleben. Damit gibt man jedes Team Mitglied ein Votum für die subjektiv wichtigen Themen ab und man erhält die Themen demokratisch bereinigt. Wenn alle Teilnehmer damit fertig sind, fasst der Scrum Master die Reihenfolge der Themen kurz fest, in dem einfache Zahlen von 1 – x an die jeweiligen Karten geschrieben werden. Hierdurch erhält man quasi die Hitliste der Themen die man in der anschliessenden Diskussion einfach der Reihe nach durchspricht.

In der Diskussion muss man als Scurm Master das Team ebenfalls leiten und neben der Zeit auch die einzelnen Kollegen im Auge behalten. In einer Diskussion gibt es immer verbal starke Charaktere und man muss versuchen die etwas stilleren Teilnehmer bei der Stange zu halten. Hierbei gehe ich gerne her und stelle im ersten Schritt gerne eine Frage in den Raum wie „seht ihr das auch so“ oder „gibt es dazu noch Alternativen“. Wenn es keine Reaktion gibt, dann spreche ich meistens Teilnehmer direkt an, die die gleiche oder eine ähnliche Karte an das Flippchart gehängt haben. Somit kann man etwas stillere Teilnehmer am Ball halten und zumindest minimieren, dass einzelne Teilnehmer aussteigen und abschalten. Für die Diskussion und das Miteinander muss man etwas Gespür für die Gruppe entwickeln und läst sich auch nur schwierig niederschreiben. Wie auch immer die Gesamtdiskussion verläuft, muss man als Scrum Master die einzelnen Themen leider zeitlich begrenzen und immer Themen zu einem Ende führen. Das Ende eines Themas sollte im besten Fall eine Lösung darstellen, die das Team akzeptiert kann. Ich gehe daher gerne her und fasse das Problem und die besprochene Lösung zusammen und schreibe diese auf eine blaue Karte. Diese Karte hänge zu der betreffenden Themenwolke an das Flipchart und signalisiere damit dem Scrum Team, dass das die Lösung gefunden wurde und wir dem nächsten Themenkomplex entgegengehen können. Das wiederholt man bis entweder keine Karten mehr zu diskutieren sind, oder die Zeit abgelaufen ist. Wenn nun Karten undiskutiert verbleiben, hat das Team mehr Probleme als man selbst lösen kann. D.h. man sollte nicht den Anspruch an das Team erheben alle Probleme sofort aus der Welt zuschaffen. In der Diskussion ist das Team Methodisch genug vorgegangen um die wichtigen Probleme zu erst zu lösen.

Am Ende jeder Diskussion gehe ich gerne her und schiesse ein hochauflösendes Foto des Flippcharts und veröffentliche später da in einem Team Webspace. Somit werden die alten Probleme nicht vergessen und man hat als Team auch ein Arbeitsergebnis auf das man stolz sein kann.

Als der vorletzte Schritt öffne ich gerne das Impediment Backlog und nehmen die Blauen Karten darin demonstrativ auf. Im Impediment Backlog sind alle transparenten Probleme und die dazugehörigen akzeptierten Lösung des Scrum Teams festgehalten. Ich gehe gerne her und fasse noch mal die neuen Karten kurz zusammen, damit jedes Team noch mal sich vor Augen führt, vor welchen Herausforderungen das Team steht und welche Lösungen wir anstrengen. Das Impediment Backlog ist nicht nur der Arbeitskatalog für den Scrum Master, nein! Darin werden auch Probleme festgehalten die die Gruppe selbst lösen muss, in dem sie z.B. Dinge unterlässt oder mehr in die Fordergrund rückt.

Bleibt nur noch das Schlusswort vom Scrum Master was noch mal den Verlauf der Retrospektive zusammenfasst und das Team mit einem guten Gefühl zurück an ihre Plätze sendet.

http://www.agile-coding.net/eine-moderationstechnik-fuer-die-scrum-retrospektive/